Balkonkraftwerk und Einspeisung – Die Grundlagen
Ein häufiges Missverständnis beim Thema Balkonkraftwerk ist die Frage nach der Einspeisung. Viele Menschen glauben, sie müssten den erzeugten Strom zwingend ins öffentliche Netz einspeisen oder komplizierte Verträge mit dem Netzbetreiber abschließen. Die gute Nachricht: Ein Balkonkraftwerk ist in erster Linie für den Eigenverbrauch gedacht – Sie nutzen Ihren selbst erzeugten Solarstrom direkt in Ihrem Haushalt.
Der Strom fließt von Ihren Solarmodulen über den Wechselrichter in Ihre Steckdose und wird dort sofort von Ihren laufenden Geräten verbraucht. Das senkt Ihren Strombezug aus dem Netz und damit Ihre Stromrechnung. Eine Einspeisung ins öffentliche Netz findet nur dann statt, wenn Sie gerade mehr Strom erzeugen als verbrauchen – und das ist bei den kleinen Leistungen eines Balkonkraftwerks eher die Ausnahme.
In diesem Ratgeber erklären wir Ihnen, wie die Einspeisung bei Balkonkraftwerken funktioniert, was rechtlich gilt und wie Sie Ihren Eigenverbrauch maximieren können.
Was bedeutet Einspeisung beim Balkonkraftwerk?
Eigenverbrauch vs. Einspeisung
Bei einem Balkonkraftwerk unterscheiden wir zwischen zwei Stromflüssen:
Eigenverbrauch (der Regelfall):
- Ihr Balkonkraftwerk erzeugt Strom (z.B. 400 Watt zur Mittagszeit)
- Gleichzeitig verbrauchen Ihre Haushaltsgeräte Strom (Kühlschrank, Router, Standby-Geräte, PC = 300 Watt)
- Die 300 Watt werden direkt von Ihrem Balkonkraftwerk geliefert
- Nur die restlichen 100 Watt kommen aus dem Stromnetz
- Ergebnis: Sie sparen Stromkosten, weil Sie weniger vom Netzbetreiber beziehen
Überschusseinspeisung (die Ausnahme):
- Ihr Balkonkraftwerk erzeugt 600 Watt
- Sie verbrauchen gerade nur 200 Watt (z.B. sonniger Sonntag, Sie sind nicht zuhause)
- Die überschüssigen 400 Watt fließen ins öffentliche Stromnetz
- Ergebnis: Sie verschenken den Strom praktisch (keine Vergütung bei Balkonkraftwerken unter vereinfachter Anmeldung)
Warum ist Eigenverbrauch wirtschaftlicher?
Der Grund ist einfach zu verstehen:
- Strompreis vom Netzbetreiber: 30-40 Cent pro kWh
- Einspeisevergütung für kleine Anlagen: ca. 8 Cent pro kWh (gilt nicht für vereinfachte Balkonkraftwerke)
Wenn Sie Ihren selbst erzeugten Strom verbrauchen, sparen Sie 30-40 Cent pro kWh. Wenn Sie ihn einspeisen, bekommen Sie (bei größeren PV-Anlagen) nur 8 Cent – bei Balkonkraftwerken mit vereinfachter Anmeldung sogar gar nichts. Die Rechnung ist eindeutig: Eigenverbrauch ist mehr als 4-mal wertvoller als Einspeisung.
Rechtliche Regelungen zur Einspeisung 2025
Vereinfachte Regelung für Balkonkraftwerke
Seit 2024 gelten in Deutschland stark vereinfachte Regelungen für Balkonkraftwerke bis 800 Watt Wechselrichterleistung. Diese wurden speziell geschaffen, um die Nutzung von Balkonkraftwerken zu fördern und bürokratische Hürden abzubauen:
Was für Sie bedeutet:
- Keine Einspeisevergütung vorgesehen (und auch nicht nötig)
- Keine aufwendige Abrechnung mit dem Netzbetreiber
- Keine Gewerbeanmeldung erforderlich
- Vereinfachte Anmeldung beim Netzbetreiber und im Marktstammdatenregister
Sie melden Ihr Balkonkraftwerk einfach an (was seit 2024 noch einfacher geworden ist), installieren es selbst und nutzen den Strom für Ihren Haushalt. Fertig.
Anmeldepflicht trotz Eigenverbrauch
Auch wenn Sie Ihren Strom komplett selbst verbrauchen wollen, besteht eine Anmeldepflicht beim Netzbetreiber und im Marktstammdatenregister. Das hat technische und statistische Gründe:
- Der Netzbetreiber muss wissen, welche Erzeugungsanlagen am Netz hängen
- Statistik für die Energiewende
- Sicherstellung der Netzstabilität
Die Anmeldung ist kostenlos und dauert etwa 15-30 Minuten. Sie ist keine Beantragung einer Einspeisevergütung, sondern eine reine Information an den Netzbetreiber. Mehr dazu in unserem Ratgeber zur Balkonkraftwerk-Anmeldung.
Volleinspeisung vs. Überschusseinspeisung
Was ist Volleinspeisung?
Bei der Volleinspeisung wird der gesamte erzeugte Strom ins öffentliche Netz eingespeist und Sie erhalten dafür eine Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Diese Variante war früher bei großen Photovoltaikanlagen üblich, als die Einspeisevergütung noch deutlich höher war.
Für Balkonkraftwerke ist Volleinspeisung nicht sinnvoll, denn:
- Sie benötigen einen Elektriker für den Anschluss (Kosten)
- Die Anmeldung ist komplexer
- Die Einspeisevergütung ist mit ca. 8 Cent pro kWh sehr niedrig
- Sie sparen keine Stromkosten, da Sie weiterhin den vollen Netzstrom beziehen (30-40 Cent pro kWh)
Rechenbeispiel Volleinspeisung (nicht empfohlen):
- Ihr 800-Watt-Balkonkraftwerk erzeugt ca. 800 kWh pro Jahr
- Einspeisevergütung: 800 kWh × 0,08 Euro = 64 Euro pro Jahr
- Gleichzeitig zahlen Sie weiter 30-40 Cent pro kWh für Ihren Verbrauch aus dem Netz
Was ist Überschusseinspeisung?
Bei der Überschusseinspeisung (die Standardvariante bei Balkonkraftwerken) nutzen Sie Ihren Strom zunächst selbst. Nur wenn Sie mehr erzeugen als gerade verbrauchen, fließt der Überschuss ins Netz. Das passiert automatisch – Sie müssen nichts umschalten.
Rechenbeispiel Überschusseinspeisung (Standard):
- Ihr Balkonkraftwerk erzeugt 800 kWh pro Jahr
- Sie verbrauchen davon 600 kWh selbst (Eigenverbrauchsquote 75 Prozent)
- 200 kWh werden ungenutzt ins Netz eingespeist
- Ersparnis: 600 kWh × 0,35 Euro = 210 Euro
- Einspeisung: 200 kWh × 0 Euro = 0 Euro (keine Vergütung bei vereinfachter Anmeldung)
- Gesamtersparnis: 210 Euro pro Jahr
Sie sehen: Selbst wenn Sie ein Viertel Ihres Stroms verschenken, ist Überschusseinspeisung mit Eigenverbrauch mehr als dreimal rentabler als Volleinspeisung.
Kann man ein Balkonkraftwerk komplett ohne Netzeinspeisung betreiben?
Technisch möglich, aber nicht praktikabel
Theoretisch könnten Sie ein Balkonkraftwerk so betreiben, dass niemals Strom ins Netz fließt. Dafür bräuchten Sie:
- Einen Batteriespeicher, der überschüssigen Strom aufnimmt
- Ein intelligentes Energiemanagementsystem, das die Einspeisung verhindert
- Einen Trennschalter, der die Verbindung zum Netz kappt
In der Praxis macht das keinen Sinn:
- Ein Batteriespeicher für ein Balkonkraftwerk kostet 1.000-2.000 Euro zusätzlich
- Die Amortisationszeit verlängert sich dadurch um Jahre
- Der Aufwand steht in keinem Verhältnis zum Nutzen
- Die ins Netz eingespeiste Menge ist bei Balkonkraftwerken ohnehin gering (meist unter 25 Prozent)
Warum eine kleine Einspeisung kein Problem ist
Bei einem typischen 800-Watt-Balkonkraftwerk sprechen wir von etwa 150-250 kWh pro Jahr, die ungenutzt ins Netz fließen. Das entspricht einem Gegenwert von 50-80 Euro, die Sie theoretisch verschenken. Aber: Ein Batteriespeicher würde 10-20 Jahre brauchen, um sich zu amortisieren. Die Einspeisung ist also das kleinere wirtschaftliche Problem.
Außerdem hilft Ihre Einspeisung dem Stromnetz – Sie tragen zur Energiewende bei, auch wenn Sie keine direkte Vergütung bekommen.
Eigenverbrauch maximieren – So speisen Sie weniger ein
Wenn Sie die Einspeisung trotzdem minimieren möchten, weil Sie möglichst viel von Ihrem selbst erzeugten Strom nutzen wollen, gibt es einfache Strategien:
1. Stromverbrauch in die Sonnenstunden verlagern
Die einfachste und effektivste Methode: Nutzen Sie Ihre stromintensiven Geräte tagsüber, wenn die Sonne scheint.
Praktische Tipps:
- Waschmaschine und Trockner: Mittags oder frühen Nachmittag laufen lassen
- Geschirrspüler: Nach dem Mittagessen oder am Nachmittag starten
- Staubsauger, Bügeleisen: Hausarbeit auf die Sonnenstunden legen
- Kochen: Wenn möglich mittags warm essen
- Laptop und PC: Tagsüber laden und arbeiten
2. Zeitschaltuhren und Smart Plugs nutzen
Mit einfachen Zeitschaltuhren (ab 5 Euro) oder smarten Steckdosen können Sie Geräte automatisch zu den sonnenreichsten Stunden einschalten:
Beispiele:
- Durchlauferhitzer für Warmwasser mittags aktivieren
- Ladegeräte für Akkus (Werkzeug, E-Bikes) zwischen 11-15 Uhr laufen lassen
- Pool-Pumpe tagsüber betreiben
- Aquarium-Beleuchtung und Heizung optimieren
3. Grundlast analysieren und optimieren
Ihre Grundlast sind die Geräte, die ständig Strom verbrauchen: Kühlschrank, Gefriertruhe, Router, Standby-Geräte, Server. Ein typischer Haushalt hat eine Grundlast von 100-300 Watt.
Je höher Ihre Grundlast, desto mehr Eigenverbrauch:
- Ein 800-Watt-Balkonkraftwerk erzeugt mittags maximal 600-700 Watt
- Wenn Ihre Grundlast 200 Watt beträgt, sind 200 Watt bereits “verbraucht”
- Die restlichen 400-500 Watt stehen für weitere Geräte zur Verfügung
Optimierung:
- Alte Kühlgeräte gegen A+++-Modelle austauschen (spart auch Geld)
- WLAN-Router, NAS-Server, Drucker: Diese laufen ohnehin 24/7 – perfekt für Solarstrom
- Standby-Verbrauch reduzieren (spart auch nachts Geld)
4. Elektroauto oder E-Bike tagsüber laden
Falls Sie ein Elektroauto, E-Bike oder E-Roller besitzen, ist tagsüber Laden ideal:
- E-Bike-Akku lädt mit ca. 100-200 Watt über 3-4 Stunden
- Elektroauto lädt auch an der Haushaltssteckdose mit 2.300 Watt (außerhalb der Balkonkraftwerk-Leistung, aber Kombination sinnvoll)
5. Batteriespeicher für Fortgeschrittene
Wenn Sie wirklich alles optimieren wollen und das Budget haben, können Sie einen kleinen Batteriespeicher nachrüsten:
- Kosten: 1.000-2.000 Euro für 1-2 kWh Speicher
- Speichert überschüssigen Strom tagsüber
- Gibt ihn abends wieder ab
- Amortisiert sich nach 10-15 Jahren (nur für Idealisten oder bei stark sinkenden Preisen)
Technische Voraussetzungen für Eigenverbrauch
Der richtige Stromzähler
Für den Eigenverbrauch mit einem Balkonkraftwerk ist der richtige Stromzähler wichtig:
Ideale Zähler:
- Zweirichtungszähler (moderne digitale Zähler): Erfassen Bezug und Einspeisung getrennt
- Zähler mit Rücklaufsperre: Verhindern, dass der Zähler rückwärts läuft bei Einspeisung
Problematische Zähler:
- Alter Ferraris-Zähler ohne Rücklaufsperre: Kann bei Einspeisung rückwärts laufen – technisch problematisch und rechtlich nicht erlaubt
Die gute Nachricht: Wenn Sie Ihr Balkonkraftwerk beim Netzbetreiber anmelden, tauschen die meisten Netzbetreiber den Zähler kostenlos gegen einen modernen Zähler mit Rücklaufsperre.
Wechselrichter und Netzstabilität
Ihr Wechselrichter (das Herzstück des Balkonkraftwerks) ist bereits so konzipiert, dass er:
- Automatisch mit der Netzfrequenz synchronisiert
- Bei Netzausfall sofort abschaltet (NA-Schutz)
- Die Netzqualität überwacht
Sie müssen nichts einstellen – der Wechselrichter regelt automatisch, ob der Strom im Haus verbraucht oder ins Netz eingespeist wird.
Häufige Missverständnisse zur Einspeisung
Missverständnis 1: “Ich muss den Strom einspeisen”
Falsch. Ein Balkonkraftwerk ist für Eigenverbrauch konzipiert. Einspeisung passiert nur, wenn Sie mehr erzeugen als verbrauchen – und das ist die Ausnahme, nicht die Regel.
Missverständnis 2: “Ich brauche einen Vertrag mit dem Netzbetreiber”
Falsch. Sie melden Ihr Balkonkraftwerk lediglich an (Informationspflicht). Sie schließen keinen Einspeisevertrag ab und bekommen auch keine Vergütung. Die Anmeldung ist eine einfache Formalität.
Missverständnis 3: “Einspeisung ist gefährlich”
Falsch. Moderne Wechselrichter schalten bei Netzstörungen sofort ab. Die Einspeisung von wenigen hundert Watt ist technisch völlig unbedenklich. Das Stromnetz ist für deutlich höhere Leistungen ausgelegt.
Missverständnis 4: “Ich muss für Einspeisung Steuern zahlen”
Falsch für Balkonkraftwerke. Seit 2022 sind Balkonkraftwerke bis 800 Watt komplett von der Einkommensteuer befreit. Sie müssen nichts in der Steuererklärung angeben. Auch wenn Sie überschüssigen Strom einspeisen, entstehen keine steuerlichen Pflichten.
Fazit: Balkonkraftwerk ohne Einspeisung?
Die Frage, ob Sie ein Balkonkraftwerk ohne Einspeisung betreiben können, ist aus technischer Sicht mit “Ja” zu beantworten – aber aus wirtschaftlicher Sicht unnötig. Ihr Balkonkraftwerk ist für Eigenverbrauch konzipiert, und eine kleine Überschusseinspeisung ist völlig normal und unproblematisch.
Das Wichtigste zusammengefasst:
- Eigenverbrauch ist 4-mal wertvoller als Einspeisung (30-40 Cent vs. 0-8 Cent pro kWh)
- Balkonkraftwerke speisen nur wenig ein (meist unter 25 Prozent der Jahresproduktion)
- Eine Batterie lohnt sich wirtschaftlich noch nicht
- Mit einfachen Maßnahmen können Sie Ihren Eigenverbrauch auf 70-80 Prozent steigern
- Die Anmeldung bleibt Pflicht – auch bei reinem Eigenverbrauch
- Volleinspeisung ist für Balkonkraftwerke wirtschaftlich unsinnig
Unser Tipp: Konzentrieren Sie sich auf einen hohen Eigenverbrauch durch intelligente Nutzung Ihrer Geräte. Akzeptieren Sie, dass ein kleiner Teil des Stroms ins Netz fließt – das ist kein wirtschaftlicher Verlust, sondern Ihr Beitrag zur Energiewende. Die Einsparung durch Eigenverbrauch überwiegt bei weitem.
Wenn Sie mehr über die optimale Ausrichtung Ihres Balkonkraftwerks erfahren möchten, lesen Sie unseren Ratgeber zur Balkonkraftwerk Ausrichtung und Standort-Optimierung. Informationen zur wirtschaftlichen Bewertung finden Sie in unserem Artikel zur Balkonkraftwerk Wirtschaftlichkeit und Amortisation.